C’EST MOI

Wer mich nur von Weitem kennt, meint, ich ginge nackt über die Straße. Also literarisch betrachtet. Weil ich beim Schreiben stets mehr von mir zeige als mein Outfit.

Dabei trage ich die meiste Zeit einen Pyjama. Ich mache um 11 Uhr Feierabend. Morgens. Am kreativsten bin ich, wenn alle schlafen. Dann trinke ich Tee mit den Eichhörnchen, meditiere mit den Meisen und schreibe zehntausend Zeichen ohne ein einziges Mal Luft zu holen. Nennt sich Apnoe-Texten, und ist, neben Hirn zermartern, eines meiner Hobbies. Den Rest des Tages koche ich Kaffee ohne Kaffeepulver, mache mit meinen Monstera-Ablegern Deep-Talk, chante und chatte, poliere die Bude und meine Aura, räuchere Vintage-Dior Taschen, damit sie nicht mehr riechen wie nasse Bobtails, schaue den Schiffen im Hafen zu, weil mir dort immer so viel Schönes ins Fahrradkörbchen fällt, brause über die Reeperbahn nach Hause, halte achtsam die Hand auf die Geschenke des Himmels, um sie bloß nicht auf halber Strecke vor der Boutique Bizarre zu verlieren. An anderen Tagen sind Ideen wie Katzen oder Blödmänner: Kommen nur zu mir, wenn ich sie links liegen lasse.

Ich habe den schönsten Schreibtisch der Welt, und habe ganze Bücher im Schneidersitz, gekrümmt auf dem Teppich getippt. Manchmal esse ich Lakritzschnecken bis mir schlecht und der Text richtig gut ist. Manchmal frage ich mich, wer meine Bücher, meine unzähligen Kolumnen, die ganzen Artikel eigentlich geschrieben hat, weil ich, nein, ich war es nicht. Jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern. Vielleicht ist das Schreiben wie Kinderkriegen, man muss den Geburtsschmerz vergessen, sonst würde man nie den Mut haben, noch eins zur Welt zu bringen. Der erste Satz, den ich mir jeden Morgen sage, lautet: I am beautiful, I am bountiful, I am blissful. Egal, ob ich es mir glaube oder nicht. Und der letzte, den ich mir kurz vorm Einschlafen ins Ohr flüstere: Morgen machst Du bessere Fehler.

Lass' Dein Mantra immer lauter als Deine Geister sein.